Ist eine Aligner-Behandlung das Richtige für mich? Eine Entscheidungshilfe
13. September 2023Immer mehr Erwachsene entscheiden sich für eine Zahnkorrektur – häufig aus ästhetischen Gründen. Aligner sind dafür besonders gut geeignet, weil sie so unauffällig sind. Doch ist es das wirklich wert? Was sollte man bei der Entscheidung bedenken?
1. Ästhetik ist nicht alles!
Schiefstehende Zähne können für manche Menschen sehr belastend sein und am Selbstwertgefühl kratzen. Wer sich nicht traut, beim Lachen und Sprechen die Zähne zu zeigen, ist in seiner Interaktion mit anderen Menschen beeinträchtigt. Ästhetik ist jedoch etwas sehr Subjektives.
Aus Sicht des Kieferorthopäden ist der gesundheitliche Aspekt sogar noch wichtiger als die Ästhetik. Er achtet insbesondere darauf, ob der Biss stimmt und die Zahnreihen korrekt miteinander verzahnt sind. Denn ein Fehlbiss kann viele negative Auswirkungen haben, zum Beispiel auf die Abnutzung der Zähne oder auf das Kiefergelenk. Deshalb sollt man bei der Entscheidung für oder gegen eine Aligner-Behandlung klarmachen, ob es sich um ein rein ästhetisches Problem handelt oder ob auch der Biss korrigiert werden muss. Denn meistens heißt es nicht entweder oder, sondern sowohl als auch.
2. Kann eine Aligner-Behandlung mein Problem lösen?
Viele Zahnfehlstellungen können mit einer Aligner-Behandlung durchgeführt werden, aber nicht alle. Außerdem gibt es verschiedene Arten von Alignern, und es kommt auch darauf an, ob Attachments eingesetzt werden: auf den Zahn aufgeklebte Haltepunkte aus Kunststoff. Sie wirken wie kleine Hebel, die die Kraftübertragung des Aligners auf den Zahn verbessern. Der Marktführer Invisalign arbeitet mit einem patentierten Attachment-System.
Laut Deutscher Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO) sind die Haupteinsatzgebiete von Alignern ohne Attachments mäßige Eng- und Lückenstände der Schneidezähne sowie nach vorne oder hinten gekippte Schneidezähne. Schon bei geringfügigen Bewegungen des Zahns aus oder in den Knochen braucht es laut DGKFO Attachments.
Auch wesentlich komplexere Zahnbewegungen können mit Alignern durchgeführt werden, vorausgesetzt die Behandlung wird von einem erfahrenen Fachzahnarzt für Kieferorthopädie durchgeführt. Das Bewegen von Eckzähnen und kleinen Backenzähnen ist jedoch wesentlich aufwändiger als das Geraderichten von Schneidezähnen und erfordert daher den Einsatz hochwertigerer Alignerprodukte. Soll der Biss korrigiert werden, sind meist Gummizüge erforderlich. Letztlich braucht es aber die Einschätzung eines Kieferorthopäden, welche Methode für welche Korrektur am besten geeignet ist. Beispielsweise kann auch die Kombination mit anderen Apparaturen, wie etwa einer festen Zahnspange, eine Option sein.
3. Passt eine Aligner-Behandlung zu meinem Alltag?
Aligner sind besonders beliebt bei Erwachsenen. Aber auch bei Teenagern werden sie in zunehmendem Maße eingesetzt. Kein Wunder: Aligner sind sehr praktisch in der Handhabung und haben viele Vorteile: Man kann sie zum Essen, Küssen und zur Zahnpflege einfach herausnehmen. Und sie sind quasi unsichtbar.
Dennoch sollte man sich vor der Entscheidung für eine Aligner-Behandlung klarmachen: Die Aligner müssen 20 bis 22 Stunden täglich getragen werden, damit die Behandlung Erfolg hat. Das Gute daran: Mit den Zahnschienen kann man quasi alles machen.
4. Fühle ich mich ausreichend informiert und ist der Aligner-Anbieter seriös?
Aligner werden nicht nur von Kieferorthopäden angeboten, sondern auch von Zahnärzten, die keine Fachzahnärzte für Kieferorthopädie sind. Außerdem haben in den letzten Jahren Aligner-Start-ups auf den Markt gedrängt. Sie vermarkten die Zahnschienen teilweise ohne kieferorthopädische oder sogar ganz ohne zahnärztliche Betreuung. Oft vermitteln sie den Eindruck, dass es sich um ein Lifestyle-Produkt handelt – nicht um eine medizinische Behandlung, bei der auch Risiken für die Zahngesundheit bestehen können.
Ob es sich um einen seriösen Anbieter handelt, erkennen Sie zum Beispiel an den folgenden Punkten:
- Es wird eine eingehende Diagnostik inklusive ausführlicher Anamnese, Röntgenbildern und Untersuchung von Zähnen, Zahnfleisch und Kiefergelenken durchgeführt.
- Sie werden über die empfohlene Tragezeit von 22 Stunden informiert und über die Folgen einer zu kurzen Tragezeit aufgeklärt.
- Man legt Ihnen alternative Behandlungsmöglichkeiten dar und erläutert Ihnen die Vor- und Nachteile, genauso wie Risiken und Nebenwirkungen.
- Es gibt regelmäßige Kontrolltermine.
- Der Zahnarzt oder Kieferorthopäde spricht mit Ihnen über den Unterschied zwischen einer eher oberflächlichen, rein ästhetischen Behandlung und einer Behandlung, die das gesamte Gebiss sowie funktionale Aspekte mit einschließt.
- Sie haben jederzeit die Möglichkeit, Fragen zu stellen, und werden niemals zu einer Entscheidung gedrängt.
Letztlich muss die Entscheidung für oder gegen eine Aligner-Behandlung immer individuell abgewogen werden. Am besten sprechen Sie mit Ihrem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie über die verschiedenen Alternativen sowie Vor- und Nachteile. Er ist der kompetente Ansprechpartner dafür.
Quellen
- Das Gesundheitsportal medondo.health
- Stellungnahme der DGKFO zur Behandlung mit Alignern, Stand Januar 2010
- Verbraucherzentrale: Aligner: Gewerbliche Zahnschienen-Anbieter im Marktcheck (Stand August 2022)
- Chate, R. (2013). Truth or consequences: The potential implications of short-term cosmetic orthodontics for general dental practitioners. British dental journal. 215. 551-3. 10.1038/sj.bdj.2013.1140
- Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie e.V. (DGKFO), Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft (SSO). (2019). Qualitätssicherung in der Kieferorthopädie. J Orofac Orthop 2019 · 80:279–288 https:// doi.org/ 10.1007/ s00056- 019- 00177-7
- Nucera R, Dolci C, Bellocchio AM, Costa S, Barbera S, Rustico L, Farronato M, Militi A, Portelli M: Effects of Composite Attachments on Orthodontic Clear Aligners Therapy: A Systematic Review. In: Materials (Basel). 2022 Jan 11;15(2):533.
- Ho CT, Huang YT, Chao CW, Huang TH, Kao CT: Effects of different aligner materials and attachments on orthodontic behavior. In: J Dent Sci. 2021 Jul;16(3):1001-1009